10. Skontofrist & Spaßfaxe

Seinen ersten Ausbildungsabschnitt absolvierte Ruud in der Lagerverwaltung und wechselte danach in die Buchhaltung.

Dort begann er mit dem täglichen Stempeln der Eingangspost. Pro Seite einen Eingangsstempel mit aktuellem Datum. Zahlungserinnerungen, 1. und 2. Mahnungen wurden weggeschmissen, weil Zeitverschwendung. Meistens waren die Orderchecks schon unterwegs. Mahngebühren wurden auch nicht bezahlt. Und Skonto immer gezogen. Auch wenn die Skontofrist schon verstrichen war.

Dann gab es drei Möglichkeiten:

  1. Der Lieferant akzeptierte es
  2. Der Lieferant forderte den Abzug zurück, dann gab es einen Anschiss für den zuständigen Buchhalter, der Geschäftsführer kümmerte sich selbst drum und der Lieferant akzeptierte es oder
  3. Der Lieferant forderte den Abzug zurück, dann gab es einen Anschiss für den zuständigen Buchhalter, der Geschäftsführer kümmerte sich selbst drum und beim nächsten Mal gab es einen neuen Lieferanten.

Weiter ging es mit dem Anbringen von gelben Kontierungsstreifen und ersten Vorkontierungen.

Er forderte Spendenbescheinigungen an, recherchierter USt-ID-Nummern und hatte Spaß beim Faxen. Wenn man nämlich aus Versehen eine Festnetztelefonnummer angefaxt hatte, und der Angerufene sich meldete, konnte man ihm aus dem Lautsprecher „Hallo?! Halloooo?!“ fragen hören. Und wenn man den Vorgang nicht abbrach, versuchte das Faxgerät es in einer Zeitschleife bis zu weitere drei Male, das Fax zuzustellen und man konnte die steigende Verärgerung des Empfängers hören. Es halten sich hartnäckige Gerüchte, dass es sich nicht immer um ein Versehen handelte …

Lieblingshassaufgaben waren Ablage und das Kopieren von Unterlagen. Teilweise ganze Leitz-Ordner. Meistens für die Wirtschaftsprüfer. Ruud bekam dafür u. a. ein Mal das Kompliment ausgesprochen, dass seine Kopien bisher die Besten seien. Wow.

Für seinen Kaffee bekam er aber kein Kompliment. Seine dänische Kollegin, die zufällig die Ehefrau vom Standortleiter des größten Auftraggebers von nebenan war, oft auf dänisch telefonierte und – in Ruuds Fantasie Geschäftsgeheimnisse und Konditionen weitergab (was natürlich hoffentlich nur Quatsch ist) – nahm einen kräftigen Schluck (im wahrsten Sinne) und verzog das Gesicht. Ruud nahm danach ebenfalls einen Schluck aus seinem Weihnachtsbecher. Auch er verzog das Gesicht. „Nicht gut, ne?!“ fragte er. „Nein. Nicht gut!“ sagte seine Kollegin. Seitdem weiß Ruud, dass der Kaffeefilter nicht bis oben hin gefüllt sein muss, sondern nur in einem bestimmten Verhältnis zum Wasser. Musste er zumindest nie wieder Kaffee kochen.

So wie ein anderer Kollege aus der Buchhaltung. Er hatte den Hauptwirtschaftsprüfer Gerüchten zu Folge mit einer Körperöffnung für den Stoffwechsel tituliert und hatte danach für sehr lange frei.

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