Sie hatten nämlich gehört, dass Wichtel immer nur nachts aus ihrem Türchen kämen, wenn alle schliefen. Oder tagsüber, wenn niemand zu Hause war. Und dass sie gerne Streiche spielten. So hatte es nämlich der Wichtel aus dem letzten Jahr praktiziert.
Weihnachtswichtel gab es schon immer. Mit Beginn der Corona-Pandemie 2020, nahm das Business regelrecht Fahrt auf. Es wurde aufgrund der großen Nachfrage via Instagram und TikTok eine Weihnachtswichteltaskforce gegründet, die Tag und Nacht damit beschäftigt war, Simulationen und Forecasts zu erstellen. Eine Etaterhöhung um 1 Mrd. Wichteltaler wurde bewilligt, um Produktionsstraßen und Material für Wichtelzubehör anzuschaffen, damit der Bedarf für den ersten Hype sichergestellt werden konnte. Hat alles reibungslos funktioniert. Da hätte sich Jens Spahn mal eine große Scheibe abschneiden können.
“FOMO” erinnerte sich Nisse Knusperbart. “FOMO” nennen die Menschen das. Fear of missing out. Angst haben, etwas zu verpassen. Dass das heutzutage noch möglich ist. Gefühlt kann jeder irgendwo in einer Mediathek alles nachgucken. Das hat mit der Lindenstraße früher nicht funktioniert.
Konzertbesuche werden beinahe 1:1 mit dem Smartphone dokumentiert und wenn es neue Trends aus dem Internet gibt, rennen die Leute wie kleine Schafe in die Läden und kaufen es – egal wie teuer oder ungesund es ist. Nur weil irgendwelche Influencer dafür mit ihrem Gesicht werben und natürlich auch mit ihrem guten Namen stehen. So wie Claus Hipp. Hauptsache haben. Haben ist besser als brauchen. Das hatte er schon oft gehört.
Nisse Knusperbart merkte, wie seine Laune schlechter wurde. Er musste schnell wieder auf positive Gedanken kommen.
Er stellte sich an seine Tür und lauschte Else Kling like in das Wohnzimmer hinein. Er hörte, wie Isabella und Henrietta im oberen Stockwerk vor sich hin giggelten. Kinderlachen versetzte Nisse Knusperbart immer in einen positiven Gemütszustand. Aber worüber lachten sie nur? Ob er sich mal nach oben wagen sollte? Nur mal kurz. Er wäre auch ganz vorsichtig …