02. Hier und da

Nachdem er aufgelegt hatte, flitzte er unter die Dusche, putzte seine Zähne und schmiss sich saubere und Büro geeignete Kleidung über. Da sein Auto noch bei der Kneipe stand, fuhr er kurzerhand mit der Knutschkugel seiner Mitbewohner (Eltern) zum Büro. Wie bitte? Mitbewohner? Ja. Obwohl er ausgelernt war, war es ihm nahezu unmöglich, eine eigene Wohnung zu finanzieren. Aber dazu später.

In Rekordgeschwindigkeit und unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften, erreichte er den imposanten mehrstöckigen Bürokomplex vor den Toren der Kleinstadt, der erst wenige Monate vorher bezogen und mit einem rauschenden Fest mit feinen Speisen und Livemusik von DJ Ötzi eingeweiht wurde.

Mittlerweile war auch das Auto warm geworden.

Ruud fuhr auf den Parkplatz und überlegte schon die ganze Fahrt immer, was er denn wollen könnte, der Geschäftsführer. Aber ihm fiel nichts ein.

„Eine Gehaltserhöhung wird es ja nicht sein? Obwohl, es ist Weihnachten …“ fantasierte er vor sich hin. „Erwarte nichts, dann wirst Du nicht enttäuscht“ besann er sich aber und betrat das Gebäude. Er lief durch die Eingangshalle über den marmorartigen dunklen Boden zum gläsernen Fahrstuhl.

„Klack, klack, klack!“ Die Akustik war beeindruckend. Über ihm ein dreistöckiges Atrium mit Glasdach, das im Winter, wenn es vom Schnee bedeckt war, ein schönes Fotomotiv hergab.

Einmal hatte sogar der Personalleiter seine Violine mitgebracht, nur um auszuprobieren, WIE cool die Akustik war. Zum Glück feuerte er nicht seinen Spielzeugpanzer ab, um es auszuprobieren. Panzer waren nach maßgeschneiderten Budapestern und PS-Starken Autos seine dritte Leidenschaft.

Ein anderes Mal imitierte er in einem Büro, dem Ruud während seiner Ausbildung zugeteilt war, wie Grobi bzw. Supergrobi „Hier und da“ erklärt. „Hier ist hier“, sagte er, rannte Freude strahlend ans andere Ende vom Büro und kommentierte anschließend: „Und da ist da.“

Der Fahrstuhl erreichte die oberste Etage. Ruud schlich schnellen Schrittes über den weichen Teppich und blieb vor der massiven Bürotür des Geschäftsführers stehen. Nochmal kurz durchatmen, sammeln und klopfen.

Ein dumpfes „Ja!“ vom Inneren des Büros veranlasste Ruud die Tür zu öffnen und einzutreten. „Na, Ruud, alles klar?“ strahlte er. Nimm gerne Platz!“ und deutet auf einen der ledernen Schwingsessel vor seinem Schreibtisch.

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