Heute: Vielleichtathlet

Heute begrüßt Jürgen in seinem Liegerad den 35-Jährigen Vielleichtathleten Anselm.

LRF: Anselm, schön dass Du hier bist.

VA: Schön dass ich hier sein darf.

LRF: Vielleicht erklärst Du uns zu Anfang kurz was das ist, ein Vielleichtathlet.

VA: Das sollte ich vielleicht machen, ja.

LRF: Und?

VA: Ach so, jetzt? OK. Also, ein Vielleichtathlet ist jemand, der sich bestimmte Dinge vornimmt, es aber vielleicht dann doch nicht erledigt oder angeht. Das kann durch Unentschlossenheit, angeborene Hemmungen, schlagartige Lustlosigkeit oder aber auch durch das häufig unterschätzte postalkoholische Erschöpfungssyndrom (PAES) hervorgerufen werden.

LRF: Ach. Das ist ja interessant. Dann hat das nicht nur mit Sport zu tun? Wer ist denn anfällig für Vielleichtathletik?

VA: Nicht direkt. Das kann jeden treffen, Jürgen. Das ist wie Vogelschiss auf’m Marktplatz in Mailand. Da läufste mit Tausenden Menschen über den Markusplatz und ‚Flatsch‘, schon läuft’s Dir von oben runter, und Du denkst ‚Wie, echt jetzt? Ich? Aber ich hab doch immer …‘ Vergiss es. Hashimoto? Pfft. Burnout? 80er. Corona-Virus? Überholt. Vielleichtathletik wird zur neuen Bedrohung. Wann genau, weiß Keiner. Aber sie kommt. Bald.

LRF: Wie schrecklich. Wann hast Du gemerkt bzw. realisiert, dass Du an Vielleichtathletik erkrankt bist?

VA: Das ist schwer zu sagen, kann ich gar nicht genau bestimmen. Ich hab früher Leichtathletik gemacht. Meine Paradedisziplin war 400m-Lauf. Bis ich Kreislaufprobleme bekam und auf Weitsprung umgesattelt habe. Da hatte ich dann immer öfter Anlaufschwierigkeiten, habe oft vorm Balken angefangen zu trippeln, bin mit dem falschen Bein abgesprungen, bin übergetreten oder habe zu viel Platz verschenkt.

LRF: Das kenne ich nur zu gut von den Bundesjugendspielen. Kein schönes Gefühl. Was hast Du dann gemacht?

VA: Hürdenlauf. Da habe ich dann aber auch kein Bein an Deck gekriegt. Heute mache ich Hürdenlauf nur noch im Büro. Wenn ein Problem kommt, versuche ich drüber hinwegzuspringen. Klappt aber auch nicht immer.

LRF: Aber gibt das nicht Probleme? Was sagt denn Dein Chef dazu?

VA: Der sieht das ganz sportlich. Der rudert gerne. Meistens zurück. Bin ja quasi unkündbar. Wenn Sie mich loswerden wollen, wird das teuer. Mir werden sogar jetzt Stunden beim Füßehochtherapeuten bezahlt.

LRF: Dann scheint Deinem Arbeitgeber Deine Krankheit ja am Herzen zu liegen?

VA: Sowieso. Employer Branding ist wichtig heutzutage. Und bei der Arbeitnehmermarktsituation momentan …

LRF: Wem sagst Du das. Ich kann auch morgen bei der Zeit anfangen … wenn ich will.

VA: Natürlich.

LRF: Machst Du denn überhaupt noch Sport? Auch wenn er Dich krank gemacht hat?

VA: Ja. Klimt-Züge.

LRF: Du meinst Klimm-Züge?

VA: Nee, ich meine schon Klimt-Züge. Die sind benannt nach dem berühmten Maler, der vorwiegend nackte Frauen gemalt hat. Der hat sich von außen heimlich an den Fenstersims gehangen und immer hochgezogen um einen Blick auf das potentielle Model zu werfen. Den Anblick hat er sich dann gemerkt und hat das dann zu Papier gebracht. Quasi der Vorläufer des grundschultypischen Laufdiktats.

LRF: Das habe ich nicht gewusst. Donnerwetter.

VA: Das wissen die Wenigsten.

LRF: Anselm, wir sind leider am Ende der Zeit angekommen. Danke für das Gespräch und die vielen Dinge die wir gelernt haben. Vielleicht kommst Du ja nochmal wieder?

VA: Ja, sehr gerne. Vielleicht mache ich das, ja.

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