Neulich bekommt der schneidige Wahlhanseat auf dem Heimweg in der Straßenbahn zwangsläufig ein Gespräch zwischen zwei Studentinnen mit, die zuvor die gleiche kulturelle Musikveranstaltung besuchten, wie er.
Bei näherem Hinhören wird ihm klar, dass die beiden bereits auf dem Hinweg in der gleichen Straßenbahn waren, und mit zwei weiteren Mädels Biorotwein („Voll super – das ist Wein von fröhlichen Trauben“) aus Plastikbechern konsumierten (Jutebecher gibt’s ja noch nicht), um sich für das Konzert „einzugrooven“. Der Wahlhanseat wird von Rotwein immer müde, wirkt ja aber bei jedem Menschen anders – was auch gut ist. Jedenfalls fiel in diesem Gespräch des Öfteren der Name „Lenja“. Bisher dachte der Zuhörer immer, „ Lenya“ sei ein Schlüsselband, scheint aber auch ein weiblicher Name zu sein – wieder was dazu gelernt.
„Hej, voll super – ich geb’ Dir gleich erstmal das Geld“ war der Begrüßungssatz von Studentin Nr. 1 als sie zu dem Trupp dazu stieß. Klar. Kennt sie von ihrem Nebenjob.
Dass es Studentinnen sind, schloss er aus den Tags „Bachelor, Master, Final Thesis“.
Beide Mädels, schätzungsweise Anfang/Mitte zwanzich, wollten unisono (oder fhsono?) demnächst „durchstarten“, und sich bei den großen Unternehmen bewerben … Irgendwie musste er an 17-jährige Fahrschüler denken, die mit der bestandenen Führerscheinprüfung das Zertifikat „Weltbeste Autofahrer der Welt“ überreicht bekommen, und das Maß aller Dinge auf Deutschlands Straßen sind, zumal sie bei der theoretischen Fahrprüfung den Mulltippelscheißscheusrichtigeantwortankreuz-Fragebogen, mit 4 Fehlerpunkten bestanden haben.
„Ich find das voll krass, wie schnell die Zeit vergeht. Ich bin gefühlt gestern erst von Stuggart hier hoch gekommen und war hier erst voll alleine und kannte keine Leute. Weit weg von meinen Eltern und so. Und jetzt, bin ich fast fertig und habe mit der Lenja voll die beste Freundin gefunden. Schade dass sie nicht mit dabei war“, gibt die Eine zum Besten. GENAU. WO WAR LENJA!!!!!!111111!!!2´???2222????
„Ja, echt total endkrass“ ergänzt die Andere. „Wir können auch international voll durchstarten. Die Lenja auch, die macht ja wohl voll den guten Abschluss … und bei insta is die jetzt auch. Meganice.“
So oder so ähnlich ging das hin und her. Beide beweihräucherten sich gegenseitig damit, wie toll sie sind und sich finden, was sie für gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt hätten, was die Lenja alles für fachbezogene Kunststückchen kann und wie viel ihnen das Praktikum bei Fa. XY doch gebracht hat blablabla.
Als ein Lenja-Fan dann seine Station erreichte, verabschiedete sie sich mit den Worten
„Danke für’s Organisieren ..:“
„Ja voll gerne, kein Problem. Grüß Lenja.“
Und er so: „Hä?! Wat hat die denn organisiert? Das Konzert oder wat? Wenn Tickets und Biowein kaufen, sowie die richtige Straßenbahnlinie raus suchen schon eine Kernkompetenz ist, na dann gute Nacht …