Türchen 11 – Du kriegst was Du bist

Nach einer Weile bekamen sie Hunger und Josef steuerte eine auf dem Radwanderweg ansässige Bäckerei an, die mit dem Slogan „Die Nr. 1 bei unseren Kunden“ warb.

„Krosser claim“ dachte Josef. „Wie haben die das wohl herausgefunden?“

Er schaute von außen durch die Tür, ob nicht schon die maximale Anzahl von 3 x Personen im Verkaufsraum erreicht sei und zählte durch: eins, zwei, drei. Mist. Aber das waren ja alles Verkäuferinnen. Jetzt müsste er ja warten, bis eine verschwindet.

In dem Moment winkte Verkäuferin Nr. 1 ihn herein. Josef nahm Blickkontakt zur wartenden Maria auf und hielt Daumen, Zeige- und Mittelfinger hoch und zuckte mit den Schultern. Maria nickte ihm langsam mit geschlossenen Augen zu.

Er atmete durch, riss die Tür zum Verkaufsraum auf, wollte gerade ausholen, da fuhr ihm Verkäuferin Nr. 2 mit einem „Schönen guten Tag werter Kunde und herzlich Willkommen in unserem wunderschönen Backwarenoutlet. Das Schild da draußen ist etwas irreführend, wissen wir, aber die Anzahl der Personen bezieht auf den Bereich vor dem Tresen, Du Idiot“-Blick und einem gekonnten „Bitteschön, was darfs sein?!“ über den Mund.

Josefs Unbehagen schlug schlagartig in Wohlbefinden um und so orderte er ein Handwerkerbrötchen, eine Singletüte sowie einen Veggie-Bagel.

„Sind Sie denn Handwerker?“ fragte Verkäuferin Nr.2?

„Ja? Ich bin Zimmermann. Sieht man doch an meiner Braunschweiger?!“ antwortete Josef.

„Single auch?!“ wollte Verkäuferin Nr. 1 wissen und deutete auf Maria.

„Hä? Das ist mir jetzt zu privat.“ erwiderte Josef.

„Dann können wir Ihnen das nicht verkaufen“ entgegnete Verkäuferin 2.

„Was ist denn das für ein Quatsch?!“ wollte Josef wissen.

„Anweisung vom Chef. Du kriegst was Du bist! Zielgruppen genaues Verkaufen nennt sich das.“ erklärte Verkäuferin Nr. 1.

„Pfff. Ja gut, äääh, dann nehme ich dazu ne Flickenteppichfamilientüte und den Heißhungerbagel mit Pommes und Nutella … und dazu zwei Wasser. Ein Aufbrausendes und ein Tiefes, bitte!“

„Könnte Ihre Freundin vielleicht einmal aufstehen und ihren Bauch zeigen?“ verlangte Verkäuferin 1.

In ihm brodelte es. Da er aber Hunger hatte und nur noch weiter wollte, stiefelte er wortlos zu Tür, öffnete sie und murmelte Maria zu: „Kannst Du mal kurz aufstehen, bitte? Die Verkäuferin möchte sehen, ob Du wirklich schwanger bist … sonst kriege ich die Sachen nicht“.

Noch bevor Maria etwas sagen konnte, schob Josef ein „Frag nicht, tu’s einfach. Für mich. Für uns. Bitte!“ hinterher.

Maria erhob sich langsam, Verkäuferin Nr. 1 musterte sie von oben bis unten, nickte zufrieden und reichte Josef die Waren rüber.

„Danke für Ihren Einkauf und gute Weiterfahrt“ verabschiedete sie Josef, der wortlos den Verkaufsraum verließ und das Gefährt wieder in Gang setzte.

„Die Kunden glauben aber auch alles“, kicherte Verkäuferin Nr. 3. „Ich erzähl gleich wieder, dass ich das Brot nicht schneiden kann, weil es zu frisch ist …“

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